Auf dieser Homepage möchte ich schildern,wie ich damals als fünfzehnjähriger die
abenteuerliche Ballonflucht erlebte.
Es ist Frühjahr 1978 wir wohnten in Pößneck in Thüringen einer Kleinstadt mit ca.17000 Einwohnern.
Ich war in der 8. Klasse der Ernst Thälmann Oberschule. Ich bin in der FDJ das ist jeder aus meiner Klasse. Wer nicht dabei ist macht sich schon auffällig in diesem Staat also bin ich nur Mitläufer.
Die ganzen politischen Parolen interessierten mich recht wenig.
Eines Tages kam mein Vater zu mir und wir kamen ins Gespräch. Wie ich mir meine Zukunft in der DDR vorstelle. Ich sagte das ich die Schule fertig mache und dann gerne einen technischen Beruf erlernen möchte. Mein Vater hörte mir zu und fragte mich dann, ob ich mir vorstellen könnte in der Bundesrepublik zu leben. Ich fragte ihn wie wir die DDR verlassen können .
Er schaute meine Mutter an, sie nickte und mein Vater fuhr fort. Wir werden die DDR mit einem Ballon verlassen. Ich schaute verdutzt meine Mutter und mein Vater an und fragte wie wir zu einem Ballon kommen. Mein Vater ging mit mir in den Keller. Auf dem Boden lag ein riesiger brauner Haufen Stoff.
Ich fragte : Ist das ein Ballon und er nickte. Ich konnte mir erst darunter wenig vorstellen. Meine Vater sagte zu mir, wir das sind unsere Familie Strelzyk und die Familie Wetzel ,sind erst in der Anfangsphase
dieses Fluchtunternehmens und das ich zu niemanden ein Wort sagen durfte.
Wenn das rausgekommen wäre hätte das viele Jahre Gefängnis und Kinderheim bedeutet.
Die nächsten Wochen machte ich mir so meine Gedanken. Alle Verwandten wie Oma ,Tanten Onkels und auch Freunde in der DDR zurück zulassen war schon ein komisches Gefühl. Ich verdrängte die Flucht weil ich mir bis dahin das mit dem Ballon gar nicht richtig vorstellen konnte.
Mittlererweile ist Frühjahr 1979 Familie Wetzel hat aus Angst der Kinder wegen der eine Sohn war 2 Jahre der andere 5 das Unternehmen Ballonflucht aufgegeben.
Mein Vater weihte mich darüber ein auch das der erste Ballon für unsere Aktion überhaupt nicht geeignet gewesen ist da zu viel Luft durch den Stoff entwichen ist. Unterdessen Hat Günter Wetzel und mein Vater einen Zweiten Ballon gebaut.
Der Ballon war da aber das Brennersystem das die beiden bis dahin entwickelt hatten hatte nicht die Leistung damit sich der Ballon aufrichtete.
In Unseren Keller wurde fast jeden Tag wenn ich von der Schule kam daran experimentiert.
Der Brenner bestand aus einem Halbzoll Rohr mit Absperrhahn. Das Hauptrohr das in den Ballon reinragen würde war ein 100er Ofenrohr.
Wir fuhren Nachts etliche male auf eine abgelegene Waldlichtung . Erst wurde der Ballon mit Hilfe eines selbtsgebautem Gebläse mit kalter Luft gefüllt. Während meine Mutter und ich die Ballonöffnung aufhielten ,heizte mein Vater mit dem Brenner den Ballon.
Der Ballon richtete sich nur halb auf aber was ich da Nachts sah, sah schon beträchtlich aus .
Wir fuhren öfters unverrichteter Dinge wieder nach Hause weil es immer noch nicht der richtige Brenner war,die Flamme die aus dem Brenner kam war einfach nicht stark genug.
So ging das die nächsten Monate weiter. Der Brenner wurde mit vier 11Kilo Propangasflaschen betrieben. Durch unsere vielen Versuche war meistens in den Flaschen noch Reste an Gas vorhanden.
In der DDR hat man an den Abfüllstationen nur restentlehrte Flaschen befüllt. Also blieb uns nichts anders übrig als das Gas aus den Flaschen abzulassen. Wir stellten Die Flaschen bei uns in den Garten und öffneten die Ventile dabei ist durch Unachtsamkeit eine Flasche umgefallen. Was da aus der Flasche rauskam kann sich niemand vorstellen, flüssiges Propangas strömte mit voller Gewalt aus dem Hahn der ganze Garten war in Nebel gehüllt.
Unser neuer Brenner war geboren. Bei den nächsten Versuchen erzeugte der Brenner eine Flamme von ca.10-12 Metern und das nur weil wir die Propangasflaschen auf dem Kopf stellten.
Es wurde noch ein Versuch mit dem Ballon unternommen um festzustellen ob dieser vier Personen in die Luft befördern würde und es hat geklappt. Jetzt mussten wir nur noch auf den richtigen Wind warten.
Es ist der 3.Juli 1979 wir warten immer noch auf günstigen Wind. An diesem Tag machten wir mein Bruder Andreas (Fitscher ) und ich uns auf den Schulweg. Es war ein unbeständiger Tag, mal Sonne mal Wolken. Die erste Stunde hatte ich Staatsbürgerkunde wie üblich ging es um die Erfolge in der DDR und wie schlecht der Kapitalismus in der Bundesrepublik ist. Was die Lehrer nicht wussten durften, das wir bei uns zu Hause fast nur Westfernsehen schauten. Aus dem Klassenzimmer hat ich den Blick auf das Rathaus von Pößneck. Auf dem Dach war eine Wetterfahne montiert die die Windrichtung anzeigte. Ich traute meinen Augen nicht der Wind wehte aus Richtung Nord. An diesem Tage hatte ich sechs Stunden Unterricht und in jeder Sunde wenn es der Blick erlaubte schaute ich zum Rathaus mit der Wetterfahne. Bis zum Ende der Schule änderte sich nichts an der Windrichtung. Ich machte mich gleich auf dem Weg nach Haus. Mein Vater wartete schon und ich sagte zu ihm. Hast du schon in den Himmel geschaut? Er nickte uns sagte dann heute geht es los.
Als meine Mutter von der Arbeit heim kam wurden die Vorbereitung der Flucht getroffen.
Meine Mutter stellte sich ihre Medikamente zusammen die sie für die nächste Zeit benötigte.
Mein Vater suchte sämtliche Unterlagen heraus wie Ausweise,Zeugnisse, Versicherungsdokumente.
Für mich und Fitscher sollte dieser Tag der letzte in der DDR sein ,deshalb sind wir noch einmal zu Oma und unseren Freunden gegangen. Ich habe mich an die Worte meines Vater gehalten ,, Zu niemanden ein Wort über die Flucht zu sprechen,, Bei meiner Oma fiel mir das besonders schwer weil ich nicht wusste wann ich Sie jemals wiedersehen würde.
Als ich heim kam hörten wir uns den Segelflugwetterbericht auf Bayern 3 an und dieser bestätigte das die Windrichtung aus Nord Nord-Ost ist mit ca. 20 Stundenkilometern beträgt.
Gegen 23:30 verließen wir das Haus zu meinem Bruder sagte meine Mutter das Vater noch zu einem Bekannten muss und fuhren zum Startplatz. Dieser lag ca.30Km von Pößneck und ca. 10 zur Grenze entfernt. Dort angekommen verweilten wir noch einen Augenblick im Auto und besprachen noch einmal die Handgriffe die jeder zu tun hatte, Fitscher schlief auf dem Rücksitz.
Dann machten wir uns an die Arbeit. Zu erst wurde die Gondel vom PKW-Anhänger montiert.
Danach wurde der Ballon auf der Wiese die ringsherum durch hohe Tannen geschützt war ausgebreitet.
Danach wurde das Gebläse in Stellung gebracht ,das den Ballon erst mit kalt Luft füllen sollte.
In der Zeit als die kalte Luft in den Ballon strömte heizte mein Vater langsam den Ballon mit warmer Luft,die von dem Gebläse angesaugt wurde.
Als der Ballon ca. halb gefüllt am Boden lag,ging mein Vater mit dem Brenner in den Ballon um ihn richtig auf zuheizen wir hatten zwei Brenner konstruiert einen transportablen und einen der fest auf der Gondel montiert war. Meine Mutter und ich hielten die Ballonöffnung auf. Als der Ballon sich langsam aufrichtete ,wurden die Seile vom Ballon in die Gondel eingehängt.
Jetzt musste alles schnell gehen mein Vater heizte den Ballon weiter auf und nahm den Brenner der fest auf der Gondel montiert war in Betrieb. Eine ca. 10-12 Meter lange Flamme schoss in den Ballon.
Die Wiese wurde Taghell. Meine Mutter holte Fitscher aus dem Auto, er sah verschlafen zum ersten mal den Ballon in voller Größe. Vater schrie beeilt euch denn der Ballon zog schon kräftig an der Gondel.
Als wir alle vier in der Gondel unseren Platz eingenommen haben wurden die Halteseile die an den vier Streben der Gondel befestigt waren gekappt.
Der Ballon schwebte langsam in den Nachthimmel.
Fitscher saß bei meiner Mutter in der einen Ecke und schaute immer nach oben in den Ballon.
Er fragte meine Mutter wo wir mit dem Ballon hin fliegen wollen darauf meine Mutter. ,, Wir machen eine Reise in ein anderes Land.
Mein Vater war mit dem Brenner beschäftigt. Ich schaute ab und zu mal nach unten und sah einige kleine Lichtpunkte am Boden. Die Höhe kann man Nachts schlecht einschätzen man kann nicht sagen ob wir 100 Meter oder 1000 Meter vom Boden entfernt sind. Mein Vater hatte ein umfunktioniertes Barometer dabei mit dem man exakt die Höhe feststellen konnte.
Es dauerte ca. 20 Minuten als der Ballon in eine Wolke tauchte. Um uns herum war alles in Nebel gehüllt. Vater sagte das wir knapp 1800 Meter hoch seien und das wir aus der Wolke raus müssen da der Ballon sonst zu schwer werden würde.
Nach einiger Zeit setzte der Brenner aus,vermutlich durch die Feuchtigkeit.
Mein Vater brachte den Brenner wieder zum zünden. Durch die Aufregung merkten wir nicht das wir die ganze Zeit gesunken sind. Mein Vater schrie noch festhalten da kommen Bäume und dann krachte es auch schon.
Nach dem meine Eltern sich erkundigten,das niemand verletzt ist ,stellten wir uns die Frage ob wir es geschafft hätten. In der Luft waren wir genau 34 Minuten.
Der Ballon war durch die hohen Bäume regelrecht zerfetzt worden. Mein Vater und ich erkundeten die Umgebung während meine Mutter und Fitscher am Ballon warteten. Wir gingen in Richtung Süden denn die Grenze lag ja im Süden entweder wir bewegten uns weg von der Grenze oder darauf zu was wir aber nicht hofften. Nach einer Weile kamen wir an eine kleine Lichtung,was wir da sahen,unsere Herzen währen fast stehen geblieben. Es war der erste Grenzzaun, wir waren mitten im Sperrgebiet gelandet.
Um sicher zu gehen suchten wir den Waldboden ab um etwas zu finden das unsere Vermutung bestätigte. Wir fanden eine Verpackung auf der stand VEB Lebensmittelkombinat Gera.
Langsam und vorsichtig schlichen wir uns wieder zu meiner Mutter und zu meinem Bruder zurück.
Als wir angekommen sind fragte Fitscher .,, Haben wir es geschafft,,? Mein Vater flüsterte seit still und bewegt euch nicht wir sind im Speergebiet der DDR. Überall um uns waren Stolperdrähte und Signalanlagen wenn man diese berührte wurde Alarm ausgelöst. Wir entschieden uns bis zur Morgendämmerung zu warten und dann zu unserem Auto am Startplatz zurück zukehren.
Wir lagen zusammen gekauert auf dem Waldboden und warteten darauf das es hell wird,
Wir hatten alle Angst, bei jeden Geräusch dachten wir das jetzt die Grenzer kommen und uns festnehmen. Als es langsam hell wurde sahen wir unseren Ballon völlig zerfetzt in den Bäumen hängen,
die Gasflaschen lagen umgestürzt auf der Gondel. Meine Eltern suchten den Waldboden nach Sachen ab die uns verraten könnten. Dann machten wir uns auf den Weg. Wir hatten ca. 15Km Fußmarsch vor uns, allein 5Km durch das Sperrgebiet wo normaler Weise niemand unbemerkt rauskommt.
Überall waren diese Stolperdrähte und eine Art Sprengsatz die wir vorsichtig umgehen mussten.
Unsere Kleidung waren Dreck verschmiert als wir an eine Lichtung kamen. Vor uns ein breiter Kartoffelacker. In ungefähr 200 Metern ging eine Straße direkt in Richtung Grenze, die ausschließlich
von den Grenzern und den Vopos benutzt wird.
Wir gingen in geduckter Haltung und im Gänsemarsch Richtung Straße. Kam ein Fahrzeug legten wir uns auf den Boden in der Hoffnung das uns niemand sieht.
Nach einer Weile kamen wir zu einer Ortschaft diese lag am Anfang zum Sperrgebiet. Als wir die Straße entlang liefen sah ich Grenzer die gerade einen Bus kontrollierten der ins Sperrgebiet fuhr.
Mir ist bis heute noch ein Rätsel wie wir unbemerkt das Sperrgebiet verlassen konnten. Normaler weise
mussten wir auffallen, vier Personen die Kleidung verschmutzt und auf dem Weg aus dem Grenzgebiet. Wir waren schon völlig erschöpft, die Nacht nicht geschlafen und der lange Fußmarsch.
Fitscher sagte immer das er nicht mehr laufen kann. Meine Mutter tröstete ihn und sagte das wie bald da seien. Auf den Weg zu unserm Auto fuhr plötzlich ein Abschleppwagen an uns vorüber. Und wieder erschraken wir, haben Sie unser Auto schon gefunden und warten bereits auf uns.
Zu unserem Glück fanden wir den Startplatz so vor wie wir ihn verlassen haben, schnell räumten wir die Gasflaschen den Brenner und das Gebläse in den Anhänger und fuhren davon.
Zuhause angekommen bin ich mit Fitscher sofort ins Bett, wir wollten nur noch schlafen.
Am Abend gingen Fitscher und ich zu unseren Eltern und wir sprachen über das Geschehene.
Mein Vater brach in Tränen aus, er stammelte immer nur 200 Meter lächerliche 200 Meter und wir hätten es geschafft. Mein Vater war völlig verzweifelt. Ich sagte zu meinen Vater das wir es doch gar nicht so schlecht gemacht hätten und du uns für einige Zeit von hier weg gebracht hast und der Ballon hat funktioniert. Und das nächste mal schaffen wir es. Mein Vater schaute mich an und meinte. Das alles noch einmal. Ich sagte zu ihm das die Stasi uns suchen werden bis Sie uns haben. Mein Vater sagte das er dies nicht zulassen würde. An diesem Abend beschlossen wir: Wir bauen einen neuen Ballon.
Das Foto unten machte die Stasi als sie den Ballon gefunden haben.